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Sonntag
03.01.2010

Die religiös-konservative «Washington Times» hat die Entlassung von etwa einem Viertel ihrer Belegschaft von 170 Redaktoren angekündigt. Die 1982 von Sun Myung Moon, Gründer und Oberhaupt der Vereinigungskirche, gestartete Tageszeitung mit einer Auflage von etwa 100 000 Exemplaren ist als konservative Alternative zur «Washington Post» gedacht.

Die Millionen-Verluste der «Washington Times» sind in den letzten Jahren von der Vereinigungskirche getragen worden, die auch unter der Bezeichnung «The Holy Spirit Association for the Unification of World Christianity» oder als «Moon-Bewegung» bekannt ist. Die religiöse Bewegung ist 1954 vom Koreaner Sun Myung Moon gegründet worden, der angeblich am Ostersonntag mit 16 Jahren eine Vision hatte, die er als Berufung seiner Person zum Messias deutete. Diese «Washington Times», die eines der Lieblingsblätter des ehemaligen konservativen Präsidenten Ronald Reagan war, gab am Donnerstag also bekannt, dass sie den Sport- und Lokalteil aufgeben wird.

Und jetzt?, fragt sich der Klein Report. Am Donnerstagabend meldete die Schweizerische Depeschenagentur die Informationen über die «Washington Times» so: «Die dramatische US-Zeitungskrise zwingt die konservative `Washington Times` zu drastischen Einschnitten: Das seit langem angeschlagene Hauptstadt-Blatt entlässt Dutzende Reporter, Redakteure und Fotografen, wie die `Washington Post` am Donnerstag berichtete. Die Sport- und Lokalteile würden als eigenständige Teile der 27 Jahre alten Zeitung aufgegeben, die in der Redaktion 170 Menschen beschäftigt. Die genaue Zahl der Entlassungen sei unklar. Bereits Anfang Dezember hatte das Management der Belegschaft eröffnet, dass rund 40 Prozent der Mitarbeiter gehen müssten.» Dann äussert sich Johnathan Slevin, der als Verleger genannt wird: «Unser markt -und zukunftsorientierter Plan ist sowohl eine Antwort auf die Rezession, den finanziellen Druck auf die Medienbranche und unsere Wandlung zu einem Multimedia-Unternehmen des 21. Jahrhunderts.»

Dann folgen nochmals fünf Abschnitte zum Thema «verschärfte Zeitungskrise», die Auflagen der US-Zeitungen seien zwischen April und September 2009 um 10,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Und es zerreisst einem fast das Herz - speziell über die Festtage - wenn da die religiös-konservative «Washington Times» in einer Reihe mit den Zeitungen «New York Times», «Los Angeles Times» und «Washington Post» steht, die alle an Auflagen verlieren. Als löbliche Ausnahme folgt einmal mehr die internationale Wirtschaftszeitung «Wall Street Journal», die zulegen konnte, und in deren Glanz sich das religiöse Kampfblatt von Sun Myung Moon und Freunden unverhofft auch noch sonnen kann.

Die Meldung der Nachrichtenagentur endet mit dem Hinweis, dass seit März 2007 zwölf US-Zeitungen (Blog «Newspaper Death Watch») vom Markt verschwunden seien. Ein paar Zeilen weiter oben spricht man von der Gesamtauflage der 379 grössten US-Zeitungen. Sie betrage wochentags nur noch 30,4 Millionen.

Die kluge Leserschaft des Klein Reports setzt diese Zahlen sofort ins Verhältnis zueinander. Jede Entlassung ist ein Elend, jede Schliessung eines einigermassen pluralistisch gemachten Medienproduktes für die Demokratie eine traurige Sache. Nur sind in diesem Artikel Kraut und Rüben durcheinander und alles miteinander püriert.

Zurück zur «Washington Times»: In der Columbia Journalism Review wird die Zeitung als «Medienarm von Sun Myung Moons Vereinigungskirche» bezeichnet. Das wissenschaftliche Fachblatt resümiert: «Because of its history of a seemingly ideological approach to the news, the paper has always faced questions about its credibility.»

Sun Myung Moon hat die «Washington Times» 1982 als Gegenpart zur «Washington Post» lanciert, die damals die einzige Tageszeitung in der Hauptstadt war und die den religiösen Führer regelmässig heftig attackierte. Wie er die Sache sieht und wohin die Reise für das Oberhaupt der Vereinigungskirche geht, erklärte Moon im Dezember 2000: «We even have to utilize the media for the sake of church development. The church is the mind and the media is the body, to reach the external world. We should begin that movement and activity in the United States, because the `Washington Times` and UPI are headquartered there. Once we establish our organization in the United States, it can be expanded to the world without much alteration.»