Das Schweizer Bundesgericht hat ein Urteil gefällt, das für die Schweizer Medienszene völlig neu ist und vermutlich noch zu ausgiebigen Interpretationen Anlass geben wird. Die höchste juristische Instanz des Landes hat den Ringier-Verlag dazu verurteilt, den Gewinn von zwei Ausgaben des «SonntagsBlicks» abzuliefern, weil er zwei persönlichkeitsverletzender Artikel enthalten habe. «Das ist ein hochinteressantes und spannendes Urteil», reagierte der Zürcher Medienanwalt Christoph Born auf Anfrage des Klein Reports in einer ersten Stellungnahme auf den Entscheid. «Man muss sehen, ob daraus eine neue Waffe gegen Medien wird.»
Der SoBli hatte zwischen Februar und November 2002 vier Artikel veröffentlicht, in denen es um den Streit zwischen der Tennisspielerin Patty Schnyder und ihrem Vater ging. Die Zürcher Justiz kam auf Klage von Willy Schnyder zum Schluss, dass die Aussagen in zwei Texten seine Persönlichkeit verletzt hätten. Insbesondere sei es unzulässig gewesen, den Vater als Mann darzustellen, der undurchsichtige Finanzgeschäfte tätige. Beanstandet wurde weiter, dass er in seiner Rolle als Vater als «Taliban» bezeichnet und der Veruntreuung, Erpressung, Nötigung sowie des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen verdächtigt worden war.
Klar ist laut den Lausanner Richtern, dass mit den beiden Beiträgen ein Gewinn erzielt wurde. Wie viel der Gewinn beträgt, steht indes nicht fest. Das Zürcher Obergericht muss jetzt zu seiner Ermittlung zunächst ein Beweisverfahren durchführen. Da ein exaktes Resultat laut Bundesgericht nicht möglich ist, muss es danach eine Schätzung vornehmen. Gefordert hatte Willy Schnyder 75 000 Franken. «Das kann heissen, dass Ringier die Objektrechnung des SoBli öffentlich machen muss, darauf hat die ganze Branche gewartet», meinte dazu der Publizist Karl Lüönd zum Klein Report. Die Ringier-Medienstelle begnügte sich mit einer dürren Reaktion: «Wir kommentieren Gerichtsurteile grundsätzlich nicht, solange sie nicht bei uns eingetroffen sind.»
Donnerstag
07.12.2006