Die Kommunikations- und Medienwissenschaft befruchtet die schweizerische Medienpolitik. Aber sie darf nicht selber Medienpolitik machen. Ein Kommentar für den Klein Report von Roger Blum, Publizist und emeritierter Professor für Medienwissenschaft.
Wer in der Demokratie Medienpolitik betreibt, wandelt auf einem schmalen Grat. Denn man streitet über den Rahmen und die Formen der Regulierung in einem Bereich, den man eigentlich gar nicht regulieren dürfte, weil Medienfreiheit herrscht. Es kann daher immer nur um behutsam unterstützende, sinnvoll fördernde, intelligent anreizende Massnahmen gehen. Wohl weil der Gestaltungsrahmen so klein ist, gibt es im Parlament nur wenige kompetente Medienpolitiker. Finanzpolitikerinnen, Verkehrspolitiker, Bildungspolitikerinnen, Sicherheitspolitiker, Immigrationspolitikerinnen oder Gesundheitspolitiker können viel kräftiger eingreifen und ihren Wählerinnen und Wählern viel rascher Resultate vorzeigen als Medienpolitiker.
Die schweizerische Medienpolitik tritt im Grunde seit den Fünfzigerjahren auf der Stelle: Sie begrenzt den Markt für Radio und Fernsehen und lässt ihn spielen für die Presse (und für Online). Die Philosophie der Medienpolitik ist stets dieselbe geblieben.
Soll sich da die Kommunikations- und Medienwissenschaft überhaupt noch um die Medienpolitik kümmern? Sie muss. Gerade weil der Gestaltungsspielraum klein ist, bedarf es der Forschung, um herauszufinden, was überhaupt möglich ist und was wie wirkt. Aber die Wissenschaft soll nur Daten und Analysen liefern, die die Grundlage bilden für politische Entscheide. Es ist nicht Sache der Wissenschaft, selber Politik zu machen. Das soll sie der Politik überlassen.
Die Wissenschaft hat viel geleistet. Sie hat ihre Dokumentations-, Analyse- und Beratungsfunktion in den letzten 45 Jahren auf vielfältige Weise wahrgenommen. Am Anfang waren es vor allem Juristen, Soziologen und Ökonomen, die Gutachten zur Medienpolitik vorlegten. Dann ging der Stab immer mehr an Kommunikations- und Medienwissenschaftler über, und dort an Medienwirkungsforscher, Mediensoziologen, Medienökonomen, Medienpsychologen, Medieninhaltsforscher, Journalismusforscher, Internetforscher, Erforscher der politischen Kommunikation und Erforscher des Medienwandels. Die Zahl der Studien ist mittlerweile beträchtlich, der Reichtum an Analysen und Empfehlungen ist gross. Die Impulse der Wissenschaft sind da. Die Politik kann (und könnte) sich bedienen.
Was fehlt, ist der dauerhafte Dialog zwischen Medienforschung und Parlament und zwischen Medienforschung und Medienpraxis. Was fehlt, ist die Übersetzungsleistung der Wissenschaft. Dies gilt es zu intensivieren. Hier sollte die neue Medienkommission als Impulsgeber wirken.