Eine Wirtschaftsjournalistin des «Tages-Anzeigers» hat am Freitag in einem Ehrverletzungsprozess vor dem Zürcher Obergericht gegen den ehemaligen Unaxis-Grossaktionär Mirko Kovats gewonnen. Der österreichische Unternehmer ist in diesem Fall bereits zum zweiten Mal abgeblitzt. Seine Klage basierte auf einem kritischen Artikel vom 22. April 2005 im Zusammenhang mit dem Kampf um die Übernahme des Technologiekonzerns Unaxis AG. Kovats fühlte sich persönlich angegriffen und klagte die Journalistin ein.
Vor Obergericht machte der Rechtsvertreter des Klägers geltend, die Journalistin habe seinem Klienten in aller Öffentlichkeit die Absicht unterstellt, eine halbe Milliarde Franken aus der Kasse der Unaxis an den anderen Aktionären vorbei in das eigene Portemonnaie zu schmuggeln, beziehungsweise die Aktionäre um diesen Betrag prellen zu wollen. Es gehe um den Vorwurf von Wirtschaftskriminalität im grossen Stil, erklärte der Anwalt. Für die Beschuldigte forderte er eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten sowie die Auferlegung sämtlicher Prozesskosten. Überdies sollten mehrere Tageszeitungen das Urteil veröffentlichen.
Die Verteidigung verlangte dagegen einen vollen Freispruch. Sie berief sich auf die Pressefreiheit verbunden mit einer kritischen Berichterstattung. Das Obergericht stellte fest, dass die Autorin dem Kläger keine illegalen Machenschaften, sondern bloss ein spekulatives Abkassieren unterstellt habe. Dies sei nicht ehrenrührig. Bei der Unaxis-Übernahme handle es sich im Übrigen um einen Wirtschaftsfall in der «finanziellen Elefantenliga», erklärte der Gerichtspräsident. Dementsprechend müssten die Akteure bezüglich Kritik auch über eine Elefantenhaut verfügen. Das Gericht sprach die Journalistin vollumfänglich frei. Der Kläger hat die bisher aufgelaufenen 5000 Franken übersteigenden Gerichtsgebühren zu tragen. Zudem hat er der Angeklagten eine Prozessentschädigung von 8000 Franken zu entrichten.
Freitag
24.11.2006