Die von muslimischen Extremisten mit dem Tode bedrohte und untergetauchte Erfolgsautorin Taslima Nasrin meldet sich mit einer Botschaft zurück. Ihr Leben sei wie ein «langsamer und verzögerter Tod», schrieb die 45-jährige Autorin in einem Beitrag für die Pariser Zeitung «Le Monde» am Samstag. «Ich bin wie der lebende Tod: betäubt, der Freuden der Existenz und der Erfahrungen beraubt, unfähig, mich aus der klaustrophobischen Enge meines Zimmers hinauszubewegen.» Nach gewaltsamen Protesten von Muslimen gegen ihre Bücher war Nasrin vergangenen Monat aus dem indischen Kalkutta an einen unbekannten Ort gebracht worden.
Sie sei nur noch eine «körperlose Stimme» und verliere fortschreitend all ihre Fähigkeiten, schildert Nasrin ihr derzeitiges Leben. «Welches Verbrechen habe ich begangen, dass ich mein Leben versteckt verbringen muss, verbannt in den Schatten?» Weder eine Partei noch eine Nichtregierungsorganisation in Indien, sondern nur einzelne Intellektuelle hätten sich für sie stark gemacht. Die indische Regierung hatte Nasrin ihre Hilfe zugesagt, sie aber zugleich vor Äusserungen gewarnt, welche «die Gefühle unseres Volkes verletzen könnten».
Die in einer muslimischen Familie geborene Nasrin bezeichnet sich selbst als Atheistin. Nach der Veröffentlichung ihres Romans «Scham», in dem es um das Leben einer hinduistischen Familie geht, die in Bangladesch von Muslims verfolgt wird, sprach ein islamisches Gericht 1994 ein Todesurteil gegen sie aus. Nasrin ging darauf ins Exil und verbrachte mehrere Jahre in Europa, bevor sie sich in Indien niederliess.
Sonntag
13.01.2008